Ethik im E-Commerce: Ein ernstzunehmendes Problem unserer Zeit

0
7362
Wright Studio/shutterstock.com

Der sogenannte E-Commerce, also der Onlinehandel, boomt seit Jahren. Spätestens seit dem Aufstieg von Amazon zu einem der gewinnträchtigsten Unternehmen der Welt ist dies bekannt. Auch die Probleme von herkömmlichen Kaufhausketten, die mit strauchelnden Umsätzen zu kämpfen haben, wird immer wieder mit der Bedeutungszunahme des Onlinehandels für Konsumenten in Verbindung gebracht. Aktuellen Berichten zufolge sind nun auch Elektromärkte wie Saturn und Mediamarkt davon betroffen.

Im Onlinehandel wird dabei auf zwei Faktoren gesetzt, mit denen der Einzelhandel ausgestochen werden kann. Zum einen setzen Onlinemärkte auf günstige Preise, geringe Liefergebühren, kostenlose Rücknahme und schnelle Verfügbarkeit. Zum anderen kommt es zum gezielten Einsatz personalisierter Werbung, um Konsumenten regelmäßig auf Produkte zu stoßen und Interesse an ihnen zu wecken. Es soll zum Kauf animiert werden. Um das zu erreichen, werden Programme mit Künstlicher Intelligenz eingesetzt. Das wirft eine Reihe von Fragen zum Datenschutz und zur ethischen Vertretbarkeit beim Einsatz solcher Künstlicher Intelligenzen auf.

Wie weit darf die Ausleuchtung des Konsumenten gehen? Welche Grenzen müssen gesetzt werden? Und wie kann der Konflikt zwischen dem Umsatzdrang großer Unternehmen und dem Schutz der persönlichen Privatsphäre gelöst werden?

Wie funktioniert Künstliche Intelligenz im E-Commerce?

Um sich dem Problem zu nähern, muss erst einmal verstanden werden, wie genau Künstliche Intelligenz im E-Commerce eingesetzt wird. Es gibt dabei zwei Ebenen, eine Makro- und eine Mikroebene.

Sammeln großer Datenmengen

Auf der Makroebene wird von Datenunternehmen auf der Grundlage aller Informationen, die gesammelt werden können, über einen Menschen ein Profil erstellt, um dessen Interessen abzubilden. Jedes Profil auf Facebook oder Instagramm zum Beispiel liefert Informationen über unsere persönlichen Vorlieben, das Kaufverhalten und die Frequenz mit der wir uns im Internet Produkte, Videos oder Homepages anschauen. Auch die Begriffe, die wir bei Google eingeben, lassen Rückschlüsse auf unsere Persönlichkeit zu. Künstliche Intelligenzen dienen dazu, diese Informationen zu sammeln, aufeinander zu beziehen und so herauszufinden, welche Produkte und Angebote uns interessieren könnten.

Individuelle Werbung im Onlineshop

Auf der Mikroebene kommt Künstliche Intelligenz in Onlineshops selbst zum Einsatz. Je nachdem, welche Produkte wir uns in einem Onlineshop anschauen, in den Einkaufswagen legen oder auch kaufen, können Künstliche Intelligenzen dadurch nachvollziehen, was wir mögen. So können genaue Annahmen darüber gemacht werden, welche Produkte angeboten werden sollten, um zum Kauf zu animieren. Das ist, als würde uns in einem Kaufhaus ein Angestellter auf Schritt und Tritt folgen, und sich anschauen, welche Produkte wir länger betrachten, was wir aus dem Regal in die Hand nehmen und was wir dann kaufen.

Datenschutzgesetze bei individueller Kaufberatung

Die Mikroebene ist mittlerweile von Datenschutzgesetzen ausreichend geschützt worden. Es handelt sie hierbei um ein einfaches Verfahren. Wenn wir in einem bestimmten Onlineshop einkaufen und uns dort mit einem registrierten Profil bewegen, können Künstliche Intelligenzen durchaus helfen, dem Kunden ein optimiertes Kauferlebnis zu bieten. Wenn der Shop sozusagen weiß, was ein Kunde will, kann er diesem auch das passende Angebot machen. So fungiert eine Künstliche Intelligenz nicht viel anders, als ein Verkäufer im Einzelhandel. Ein Geschäft muss seine Kunden eben kennen, um sie zufriedenstellen zu können. Solange die notwendigen Gesetze bestehen, die Unternehmen dazu verpflichten, die Daten auf ihren Shops vertraulich zu behandeln, unpersönlich zu sammeln und nicht weiterzugeben, kann ethischen Bedenken genügend vorgebeugt werden.

In Big Data besteht eine Gefahr

Auf der Makroebene sieht das ganz anders aus. Big Data wird das Konzept genannt, bei dem große Datenmengen über alle Menschen gesammelt werden, die sich im Internet bewegen. Künstliche Intelligenzen bilden dabei nicht nur einen Teilausschnitt in einem Onlineshop ab. Stattdessen werden alle Bewegungen im Internet erfasst und über Profile, Shops und Portale hinweg Informationen zusammenfügt. Dadurch lässt sich mittels verschiedener, aufeinander bezogener Analysen eine Kombination erstellen. Diese führt dazu, dass nicht nur Annahmen über unser Kaufverhalten, sondern über jeden Bereich unsere Lebens getroffen werden können. Vor Big Data kann sich im Moment niemand verstecken, der im Internet unterwegs ist.

Die einzige, bisher spürbare Maßnahme zum Schutz davor, erfordert von Seiten des Kunden im Internet mittlerweile eine Erlaubnis, ob die Daten verarbeitet werden dürfen. Diese Einwilligung ist aber mit einem Klick getan, und dabei ist noch völlig unklar, was sie bedeutet. Im Internet fehlt es bezüglich der Sammlung großer Datenmengen völlig an Transparenz.

Transparenz und gesetzliche Vorgaben als Lösungsansätze

Einige Unternehmen beschäftigen sich mittlerweile mit der immer lauter gestellten Frage nach der Ethik im E-Commerce. Einer Künstlichen Intelligenz können nämlich problemlos Grenzen gesetzt werden. Sie kann so programmiert werden, dass sie vor bestimmten Informationen Halt macht. Gewisse Bereiche der Privatsphäre könnten so ausgeklammert werden. Um dieses Konzept auf eine breitere Basis zu stellen, ist eine öffentliche Debatte notwendig. Vielleicht kann auch Big Data durch Datenschutzgesetze, die den Schutz der persönlichen Privatsphäre nicht unter den Scheffel wirtschaftlicher Interessen stellen, reguliert werden.

Denkbar sind auch gesetzliche Vorgaben darüber, was eine Künstliche Intelligenz darf und welche Bereiche sie in Ruhe lassen sollte. Darüber hinaus könnten Unternehmen dazu zu verpflichtet werden, ausführlich darüber zu informieren, wie sie Daten sammeln und wofür diese verwendet werden.