Das Arbeitgeberdarlehen – Wie sinnvoll ist das Modell wirklich?

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Es kann viele Gründe geben, weshalb ein Mensch Fremdkapital benötigt und deshalb einen Kredit aufnehmen möchte. Dazu gehört beispielsweise die Finanzierung eines neuen Autos oder eines Bauvorhabens. Wer sich sein Traumhaus kaufen oder andere Wünsche erfüllen möchte, hat dementsprechend verschiedene Möglichkeiten, an einen Kredit zu kommen. Eine davon ist das sogenannte Arbeitgeberdarlehen – und dieses bringt allerhand Vorteile mit sich.

In Deutschland herrschen aktuell Niedrigzinszeiten und das macht aus Sicht der Verbraucher Kredite zunehmend attraktiv. Fremdkapital ist nun so günstig wie selten zuvor und plötzlich erscheinen Träume wie jener vom Eigenheim in greifbarer Nähe. Leider führt das dazu, dass auch immer mehr Deutsche ihre finanziellen Möglichkeiten überschätzen und direkt in die Schuldenfalle steuern.

Laut Statistischem Bundesamt beantragen rund 100.000 Deutsche jedes Jahr ein Verfahren der Privatinsolvenz. Die Schulen betragen zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich das 28- bis 35-fache des monatlichen Einkommens der Betroffenen. Eine Rückzahlung auf normalem Wege ist somit nicht mehr möglich.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Für viele Haushalte sind die Niedrigzinszeiten tatsächlich der Schlüssel, um endlich Wohneigentum erwerben und sich somit Wohlstand aufbauen zu können. Dementsprechend ist das Immobilienvermögen privater Haushalte in Deutschland allein von den Jahren 2013 bis 2017 um acht Prozent gestiegen.

Wofür nehmen die Deutschen Kredite auf?

Verwunderlich ist das nicht, denn Immobilien stehen auf Platz eins der Gründe für Kredite, so das Ergebnis einer Auswertung der Sparkasse. Auf dem zweiten Rang folgt die Umschuldung, welche natürlich zu Niedrigzinszeiten ebenfalls äußerst attraktiv ist. Auf dem dritten Platz liegt die Autofinanzierung.

Deutlich weniger Menschen nehmen hingegen Konsumkredite für Reisen, Lifestyle, Unterhaltungselektronik oder Feierlichkeiten auf, wobei sich jedoch in den jüngeren Generationen ein Wandel abzeichnet, welcher von Experten als bedenklich angesehen wird. Gerade Konsumkredite sind nämlich oftmals sehr teuer und bergen damit ein hohes Risiko der Überschuldung. Zudem gibt es gerade für solch kleinere Beträge geeignetere Alternativen mit deutlich geringeren Kreditkosten, beispielsweise das sogenannte Arbeitgeberdarlehen.

Definition: Was steckt hinter dem Arbeitgeberdarlehen?

Wie der Name bereits vermuten lässt, gibt beim Arbeitgeberdarlehen, auch als Mitarbeiterdarlehen bezeichnet, ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Kredit. Dieser fällt in den Bereich der betrieblichen Sozialleistungen und bringt somit zahlreiche Vorteile mit sich. Für das Arbeitgeberdarlehen wird ein gesonderter Vertrag geschlossen, welcher nun als Dauerschuldverhältnis neben dem eigentlichen Arbeitsvertrag besteht – zumindest so lange, bis der Kredit getilgt ist.

Zwar handelt es sich bei dem Mitarbeiterdarlehen in der Regel eher um Konsumkredite mit kleineren Beträgen, jedoch unterstützen immer mehr Arbeitgeber auch eine Baufinanzierung und ermöglichen ihrem Arbeitnehmer dadurch, unabhängiger von Banken zu agieren, um die Kreditkosten zu drücken.

Arbeitgeberdarlehen bringt nicht nur für Arbeitnehmer Vorteile mit sich

Wer sich für einen Kredit interessiert, sollte sich vorher genau über die Möglichkeiten und die Unterschiede informieren. Bei einem Bankkredit setzen sich die Gesamtkosten aus verschiedenen Faktoren zusammen : Neben der Höhe von Soll- und Effektivzins spielt auch die Festschreibungsdauer eine wichtige Rolle. Tatsächlich ist ein Arbeitgeberdarlehen meist günstiger als ein regulärer Bankkredit, nicht immer werden Zinsen verlangt. Zudem sind die Kreditkosten schlichtweg transparenter.

Der Arbeitnehmer verzichtet in der Regel auf einen Teil seines Arbeitseinkommens für die vereinbarte Laufzeit und genießt dadurch ein Maximum an Transparenz und Kalkulierbarkeit.  In einigen Unternehmen werden Immobilienkredite nicht nur günstiger, sondern sogar zinsfrei an die Mitarbeiter vergeben – ein unschlagbares Angebot! Weiterhin verlangt der Arbeitgeber meist weniger Sicherheiten als eine Bank und manchmal gibt es sogar noch eine tilgungsfreie Zeit obendrauf.

Auch eine Schufa-Auskunft ist nicht immer notwendig. Wird zusätzlich zum Arbeitgeberdarlehen trotzdem noch ein Bankkredit beantragt, wird dieses oft als Eigenkapital gewertet und verbessert dadurch die Konditionen für die Schuldner. Das alles klingt in den Ohren vieler Menschen zu gut, um wahr zu sein. Wieso also sollte der Arbeitgeber so etwas tun?

Ganz einfach: In Deutschland macht sich zunehmend der Fachkräftemangel breit und dementsprechend wird das Thema der Mitarbeitergewinnung sowie -bindung für Arbeitgeber immer wichtiger. Wer gute Mitarbeiter für sein Unternehmen rekrutieren und langfristig halten möchte, der muss ihnen allerhand bieten und somit die Konkurrenz ausstechen. Arbeitgeberkredite gewinnen in diesem Zuge zunehmend an Beliebtheit.

Sie dienen also vor allem der Mitarbeiterbindung, zeitgleich können solche Kredite natürlich auch einen finanziellen Vorteil für den Arbeitgeber bedeuten, wenn diese verzinst werden.  Für den Arbeitgeber bewegt sich das Risiko derweil auf einem Minimum, denn er hat vor allen anderen Gläubigern Zugriff auf das Arbeitseinkommen und kann zudem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu großen Teilen selbst steuern. Schlussendlich ergibt sich somit eine Win-Win-Situation, welche jedoch auch den einen oder anderen Haken mit sich bringt.

Geldwerter Vorteil: Steuerliche Fallen beim Mitarbeiterdarlehen

Wird ein solches Darlehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen – die Zinssätze betreffend – so hat es steuerlich keine Auswirkungen. Jedoch ist der große Vorteil am Arbeitgeberdarlehen ja häufig das günstigere Angebot gegenüber einem Bankkredit. Bewegen sich die Zinsen somit auf einem niedrigeren Niveau als üblich oder ist das Darlehen sogar zinsfrei, entsteht dadurch ein geldwerter Vorteil, welchen der Arbeitnehmer versteuern muss.

Regelungen, wonach ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von bis zu 2.500 oder 2.600 Euro pro Jahr steuerfrei ist, werden zudem in regelmäßigen Abständen erlassen und wieder rückgängig gemacht. An dieser Stelle lohnt sich vor Aufnahme eines Arbeitgeberdarlehens daher die Beratung durch einen Experten wie einen Steuerberater.

Ganz so transparent, wie auf den ersten Blick gedacht, sind Mitarbeiterdarlehen daher in der Praxis leider nicht – was allerdings nicht bedeutet, dass sie nicht dennoch ein attraktives Angebot darstellen, um sich Träume wie den Kauf einer Immobilie zu erfüllen.

Wer kann ein Arbeitgeberdarlehen beantragen?

Es macht also durchaus Sinn, sich einmal über die Möglichkeiten eines Arbeitgeberdarlehens sowie dessen Konditionen zu informieren. Eine einheitliche Regelung gibt es diesbezüglich nämlich nicht. Kein Arbeitgeber ist per Gesetz dazu verpflichtet, seinen Mitarbeitern ein Darlehen zu offerieren. Ebenso ist ihm freigestellt, wem er Darlehen in welcher Höhe und zu welchen Konditionen gewährt. Zu finden sind solche Angebote deshalb vor allem bei Großunternehmen, seltener hingegen bei KMUs.

Ausgenommen sind davon zumeist Mitarbeiter ohne unbefristeten Arbeitsvertrag sowie Auszubildende oder neue Angestellte in der Probezeit. Viele Arbeitgeber sind auch dazu bereit, individuelle Sonderregelungen mit dem betreffenden Mitarbeiter zu vereinbaren, schließlich wird für jedes Darlehen ein neuer Vertrag geschlossen, welcher entsprechende Freiheiten bietet. Bei einer Immobilienfinanzierung ist es beispielsweise nicht unüblich, den Arbeitgeber für den Zeitraum der Tilgung ins Grundbuch einzutragen.

Was, wenn der Arbeitnehmer den Kredit nicht mehr tilgen kann?

Wieso der Arbeitgeber das macht? Ganz einfach: Bei so großen Beträgen wie einem Immobilienkredit muss er sein Risiko möglichst gering halten. Ist er im Grundbuch eingetragen, kann er eine Zwangsversteigerung initiieren, wenn der Arbeit- und Kreditnehmer nicht mehr zahlen kann. Klar, dass das Arbeitsverhältnis durch solche Umstände stark belastet wird.

Droht also zwangsweise die Kündigung, wenn der Mitarbeiter seinen Kredit nicht mehr tilgen kann, obwohl er ansonsten gute Arbeit leistet? Nein, denn der Arbeits- und der Kreditvertrag bestehen getrennt voneinander. Dennoch muss der Arbeitnehmer Konsequenzen wie eben die Zwangsversteigerung seiner Immobilie oder die Pfändung seines Gehalts befürchten, wobei jedoch die Pfändungsfreigrenze bestehen bleibt.

Auch bei einem Arbeitgeberdarlehen kann es also passieren, dass der Gerichtsvollzieher an die Tür klopft. Ob die betreffenden Parteien dann überhaupt noch zusammen arbeiten wollen, ist eine andere Frage…

Fazit: Arbeitgeberdarlehen – ja oder nein?

Schlussendlich ist es also stets eine Einzelfallentscheidung, ob ein Arbeitgeberdarlehen möglich sowie sinnvoll ist. Es gilt, den Finanzbedarf vorab zu klären. Manchmal reicht es anstelle eines Mitarbeiterdarlehens nämlich bereits aus, wenn der Arbeitgeber das Gehalt verfrüht auszahlt, sodass der Arbeitnehmer finanzielle Engpässe überwinden kann.

Soll es doch ein Darlehen sein, so muss dieses unbedingt mit anderen Angeboten, beispielsweise von Banken, verglichen werden. Zudem gilt es, die Zinsvorteile zu berechnen und zu prüfen, ob sie die steuerlichen Nachteile auch tatsächlich übertrumpfen.

Last but not least ist ein solcher Darlehensvertrag stets auch eine Frage des Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses: Vertrauen diese sich überhaupt ausreichend für ein Arbeitgeberdarlehen und möchten sie noch so lange Zeit zusammenarbeiten, bis der Kredit abbezahlt ist? Wenn all diese Aspekte mit „Ja“ beantwortet werden können, so steht dem Mitarbeiterdarlehen und den damit einhergehenden Vorteilen eigentlich nichts mehr im Weg!

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